Heilmittelverordnung

Liebe PatientInnen, liebe Eltern,
immer wieder erreichen uns Heilmittelanforderungen aus KiTas oder Schulen. Manchmal wurde die Behandlung auf Empfehlung Dritter bereits begonnen und wir sollen „nachträglich“ noch die Verordnung ausstellen.

Grundsätzlich sind wir sehr dankbar für Hinweise von Erzieherinnen und Lehrerinnen, die mit Euch bzw. Ihrem Kind viel Zeit verbringen und evtl. Störungen früh erkennen können. Die Überprüfung, ob tatsächlich eine behandlungsbedürftige Erkrankung oder Störung vorliegt, obliegt jedoch der Kinderärztin. Um Missverständnissen und Verärgerungen vorzubeugen, gibt es einiges zu beachten:

Heilmittel sind Verordnungen zur Physiotherapie (Krankengymnastik, manuelle Therapie), Logopädie (Sprachheilbehandlung) und Ergotherapie (Arbeits- und Beschäftigungstherapie). Nur ein Arzt darf die Indikation (die Behandlungsnotwendigkeit) feststellen und die entsprechende Verordnung ausstellen. Die Art und Dauer der Heilmittelverordnung ist in der Heilmittelrichtlinie gesetzlich verankert. https://www.gba.de/informationen/richtlinien/12/

Heilmittel bei Kindern werden z.B. dann verordnet, wenn eine ernstzunehmende EntwicklungsSTÖRUNG vorliegt. Dazu gehören schwere Sprachentwicklungsstörungen oder (fein-) motorische Auffälligkeiten oder wenn das Kind von Behinderung bedroht ist. Hierbei ist immer das individuelle Entwicklungstempo des Kindes zu beachten, Vergleiche mit anderen Kindern führen oft zu (unnötiger) Verunsicherung. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchgen kann sich die Kinderärztin zu festgelegten Zeitpunkten von den Entwicklungsfortschritten des Kindes überzeugen.

Heilmittel bei Kindern werden NICHT verordnet, wenn heilpädagogische, sonderpädagogische und psychologische Maßnahmen im Vordergrund stehen. Isolierte Lernstörungen oder Störungen wie Lese-Rechtschreibstörungen oder Dyskalkulie (Rechenschwäche) fallen ebenfalls diese Kategorie. In diesen Fällen sind das Schulsystem oder das Jugendamt zuständig.

Das gleiche gilt für allgemein gehaltene Begriffe wie Verhaltensauffälligkeiten, Wahrnehmungs- oder Konzentrationsstörungen. Diese werden von den Krankenkassen nicht als medizinische Diagnosen anerkannt. Hier sind die Lehrer und Erzieher in der Pflicht. Heilmittel dürfen nicht zur allgemeinen Förderung eines Kindes und nicht ohne klare Zielvorgabe an den Therapeuten verordnet werden. Die Therapieziele müssen klar definiert sein und in einer festgelegten Zeit erreicht werden können. Das Kind muss dazu altersentsprechend in der Lage und motiviert sein. Idealerweise sind die Eltern in die Therapie fest eingebunden, um das Gelernte auch zuhause anzuwenden.

Viele „Auffälligkeiten“ entpuppen sich bei näherer Betrachtung häufig als Entwicklung im normalen Spektrum, denn die kindliche Entwicklung verläuft nicht immer gradlinig und mit anderen Kindern vergleichbar. Zusätzlich können auch andere Faktoren eine Rolle spielen, z.B. psychische Belastungssituationen, übermäßiger Mediengebrauch etc. Da wir Hinweise aus der KiTa oder der Schule immer sehr ernst nehmen, werden wir eine differenzierte Diagnostik vornehmen, bevor wir eine Therapie einleiten. Dazu kann auch die Überweisung zu anderen Fachärztinnen, z.B. Kinder- und Jugendpsychiaterinnen, oder Frühförderstellen nötig sein. Das dient u.a. auch dazu, Sie und Ihr Kind vor unnötigen Terminen oder Therapien zu schützen.

Wenn eine Therapie eingeleitet wurde, ist die Kinderärztin verpflichtet, vor jedem neuen Rezept den Therapieerfolg zu beurteilen. Haben Sie bitte Verständnis, dass wir keine Folgerezepte „auf Zuruf“ ausstellen.

Des Weiteren profitieren manche Kinder auch von Therapiepausen oder auch davon, wenn die Therapien erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden als vielleicht „der nächste freie Termin“. Bitte vertrauen Sie auf unsere Erfahrung und Fachkompetenz. Wir versuchen stets, im Sinne Ihres Kindes zu handeln.

Ihr Team der Kinderarztpraxis Dr. med. Juliane Elger